Die Gewandung
Teil 1 – Haus Eckstein in Nürnberg
Teil 2 – Heutige Nutzung
Teil 3 – Die Gewandung [/ut_alert]
Inhaltsverzeichnis
Madonna
Nach dem Vorbild der reich geschmückten Nürnberger Kirchen mit ihren auf Konsolen unter Baldachinen gestellten Figuren wurden in Nürnberg an vielen Gebäuden die Hausheiligen aufgestellt. Diese befinden sich überwiegend an den Hausecken in Höhe des ersten Obergeschosses und blicken vorwiegend wachend auf die Straße hinab. Gerade als mit der Zeit die Frömmigkeit der Bürger nachließ und einige Statuen von den Kirchen verschwanden wurden die Hausheiligen immer wichtiger für die Gläubigen, wenn sich ein solcher fürs eigene Haus geleistet werden konnte. Die Eckstatuen an den Häusern dienten als Statussymbole der Hauseigentümer und natürlich als Bekenntnis der Frömmigkeit der Bewohner, genau wie die Chörlein.
Eine Notiz vom 10.11.1952 über die Madonnenstatue besagt:
„Herr Dr. Nagel gibt bekannt, dass die Originalfigur vom Anwesen Burgstr. 1 vom Hausbesitzer im Jahr 1886 an das Germ. Museum verkauft wurde. Die Reste vom Sockel und Baldachin sind damals auch weggekommen. Die Figur hatte damals schon weder Arme noch Flügel. Für die Nachbildung (im Fembohaus[ Haus an der Burgstraße aufwärts Richtung Burg, welches in die Straße hineinragt. Benannt nach einem der späteren Besitzer mit Nachnamen Fembo, inzwischen als Museumshaus bekannt.] ) soll nun auch Sockel und Baldachin neu hergestellt werden.“
Chörlein
[ut_alert color=“grey“]Als Chörlein werden die Auskragungen im ersten Obergeschoss eines Hauses bezeichnet. Chörlein sind typisch für das Nürnberger Stadtbild. Früher hieß der Chor auch Ausladung, Erkerlein oder Studitorium. In anderen Städten werden diese Anbauten Erker genannt, in Nürnberg ist der Begriff „Chor“ allerdings seit 1598 schriftlich belegt.[/ut_alert]Es gibt verschiedene Ausführungen dieser Anbauten. Manche sind aus Holz und wirken wie ans Haus angeklebte Schränke oder schlichten Kästen, andere sind aus Stein und durch ihre detaillierte und filligrane Ornamentierung der prächtigste Bestandteil eines städtischen Hauses. Viele dieser Chörlein weisen einen Bogengiebel vor.
Der Name Chor rührt daher, dass in den Auskragungen für die Familien kleine Andachten gehalten wurden. Da die meisten Nürnberger Chörlein keinen sakralen Ursprung mehr hatten sondern reine Zierbauten waren, wurden sie ganz normal in den Familienalltag integriert und dafür benutzt um zu sehen, wer an der Tür steht oder was auf der Strasse passiert.
Über 450 Chörlein schmückten vor dem zweiten Weltkrieg die Fassaden der Stadt, durch die Bombenangriffe wurden 350 von ihnen zerstört. Dank der Nürnberger Altstadtfreunde e.V. zählt Nürnberg wieder 17 restaurierte oder neu aufgehängte Chörlein mehr. Am großen Sandsteinchor an der Südfassade sind Reliefs und Inschriften plaziert. Im mittleren Brüstungsabschnitt befindet sich ein Relief mit drei Männern die dem Druckereihandwerk nachgehen und das ganz offensichtlich auf den Wiederaufbau durch Tümmel zurückzuführen ist. Darunter befindet sich die Inschriff „Gott gruess die Kunst“. Das untere Brüstungsrelief ziert ein in Ornamente gebettetes Medallion in dem die Justizia mit Schwert, Augenbinde und Waage abgebildet ist. Der Chor des Eckstein sitzt ausserhalb der Symmetrie der Fassade am Ende des ersten Wanddrittels1. Er beginnt traditionell über dem ersten Geschoss, erstreckt sich dann allerdings über erstes und zweites Obergeschoss.
Fassadenanalyse
Das Haus der Kirche zeigt sich als 6-geschossiger Bau mit 7 Strassenfassaden und einer Hoffassade. Die Südseite als Hauptfassade präsentiert sich mit vier Fensterreihen und einer Gaubenreihe. Der Spitzboden ist von Süden nicht belichtet. Es gibt drei horizontale Bereiche. Der unterste bildet das Sockelgeschoss mit großen Fenstern und einem eigenen Raster. Darüber erstreckt sich ein mittlerer Teil mit einem homogenen Fensterraster und darüber wiederum das Gaubengeschoss. Als verbindendes Element findet sich das Format des Fensters auch im Sockelgeschoss wieder, da die Höhe der oberen Fenster als Ausgangspunkt dient und die Festverglasung als Rahmen um das Format herum gelegt wurde.
Die Westfassade teilt sich in 4 Fassadenbereiche. Die beiden mittleren sind traufständig, wie es die Nürnberger Bauvorschriften vorsehen, die südliche ist Giebelständig und die nördlichste besteht aus einem gläsernen, schwebenden Rechteck. Die Giebelfassade ist symmetrisch aufgebaut und horizontal wieder in drei Bereiche gegliedert. Das Sockelgeschoss mit den großen Glasflächen besitzt die Eingänge. Die Fenster sind symmetrisch und gleichmäßig gerastert. Im Giebeldreieck finden sich dann zwei weitere Fensterformate. In der zweiten Fassade findet sich ein einheitlicheres Raster. Die zwei Fenster rechts und links messen zwei mal die Breite der Zwischenräume. Der mittlere Zwischenraum hat die Breite eines Fensters. Die Tür sitzt genau unter der linken Fensterachse und misst die Breite von zwei Fenstern und einem Zwischenraum. Die Erdgeschossfenster haben das gleiche Format der anderen Fenster, sind allerdings ohne Zwischenraum nebeneinander gesetzt.
Die dritte Ostfassade ist auch in Sockelgeschoss, Obergeschosse und Dachbereich aufgeteilt und weist ein neues Fensterformat auf, das sich wieder zu einem Raster zusammensetzen lässt. Die Formate lassen sich auseinander ableiten. Wenn das unterste südlichste Fenster der Maßstab (a) ist, dann ergeben sich daraus die anderen Fenster mit exakt 1,4a. Die Breite der Hauptfenster entspricht genau dem Doppelten der kleineren Seitenfenster (c). Bis auf den Sprung zwischen EG und den oberen Geschossen gibt es in der Brüstungshöhe keine Abweichungen vom Maß (d). Das langgezogene Erdgeschossfenster hat genau die halbe Höhe des Fenstermaßes (a).
Die nördlichste Fassade, die den Durchgang zum Ellenbogengässchen bildet, hat ein klares Raster aus 4 Elementen, einem oberen Abschluss und ist symmetrisch aufgebaut. Die Spaltenbreite (a) bildet ein wiederkehrendes Modul in der horizontalen Aufteilung der Fassade, indem sie -als Quadrat- den Geschosswechsel in der Fassade anzeigt. Jeweils darüber beschreibt ein zweites Maß (b) die Höhe der Brüstung und dazwischen das dritte Maß (c) die Höhe der Fenster. Der oberste Bereich (e) ist nicht verglast und bildet den oberen Abschluss des gläsernen Riegels indem er das Dach bildet.
Der Innenhoffassade wurde in der Rasterung ebenfalls eine Symmetrie zugrunde gelegt, der sich allerdings links noch ein kleiner Teil anfügt, der die Verbindung zum Ostflügel bildet. Vertikal ist die Fassade in den vorspringenden unteren Abschnitt (g) und den zurückgesetzten oberen Abschnitt (h) geteilt. Außerhalb der Symmetrie befindet sich die Eingangstür fast mittig in der rechten Fassadenseite.
Der untere Abschnitt teilt sich horizontal in zwei gleich dimensionierte Flächen, der obere Abschnitt mit dem Giebel weist verschiedene Größen auf. Oben und unten sind die Glasflächen in ihrer maximalen Höhe gleich, der mittlere Fensterstreifen ist etwas schmaler. Zwischen oberem und mittlerem Streifen gibt es eine Trennung aus gleichgroßen kleineren Glasflächen. Der Streifen direkt über dem vorspringenden Teil fällt schmaler aus. Die Westfassade teilt sich in zwei Bereiche, die jeweils in Sockelgeschoss, Obergeschosse und Dach einteilen lassen. Der Linke weist ein Fensterraster auf, das sich aus dem Element des Fensters bilden lässt. Ist das Fenster mit Flügeln und Festverglasung Element 1, ist die Brüstung genau 3/4 des Fensters hoch und die Breite des Mauerpfeilers zwischen den Fenstern misst genau 1/4 davon. Die rechte Fassade ist symmetrisch gespiegelt, wobei die Fenster die gleiche Größe wie die der linken Seite haben. Die Festverglasung wurde allerdings weggelassen. Der horizontale Abstand zwischen den Fenstern misst hier 1 1/4 der Breite. Die Position der EG-Öffnungen resultiert aus den Achsen der OG-Fenster. In der Mitte befindet sich die Tür mit einseitiger Festverglasung, die großen Fenster sind ähnlich denen der Südfassade. An der abgeschrägten rechten Fassadenecke hängt ein nach unten spitz zulaufender Körper aus mehreren horizontalen Scheiben und Hohlkehlen am unteren Abschluss der Obergeschosse.
Weitere Details
Die Hauslampe an der Westwand des Eckstein wurde in Anlehnung an die historischen Straßenlampen in Nürnberg gefertigt. Ähnliche Ausführungen finden sich an den umliegenden alten und restaurierten Häusern der Nürnberger Altstadt und tragen zu einem einheitlichen Erscheinungsbild von Strassenzügen bei, auch wenn die einzelnen Exemplare oft Abweichungen haben und es dadurch zunächst scheint, als gäbe es kein zweites Exemplar dieser einen Lampe. Im Falle des Eckstein allerdings findet sich der Zwilling nicht weit entfernt an einem Haus im Halbwachsengässchen.
Ein Stein mit der Jahreszahl 1953 wurde in die Ostfassade nahe der Madonna in Höhe des Straßenschildes in die Wand eingelassen. 1953 ist das Jahr des Wiederaufbaues nach dem Krieg, als mithilfe des Architekten Huthöfer aus den wenigen erhaltenen Mauern wieder die Buchdruckerei Tümmels entstand. Am großen Sandsteinchor an der Südfassade sind Reliefs und Inschriften plaziert. Im mittleren Brüstungsabschnitt befindet sich ein Relief mit drei Männern die dem Druckereihandwerk nachgehen und das ganz offensichtlich auf den Wiederaufbau durch Tümmel zurückzuführen ist. Darunter befindet sich die Inschriff „Gott gruess die Kunst“. Das untere Brüstungsrelief ziert ein in Ornamente gebettetes Medallion in dem die Justizia mit Schwert, Augenbinde und Waage abgebildet ist.
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