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Für Architekten Materialien

Wir schmieren Erdöl an die Wände! Nicht?

Erst bekleben wir unsere Häuser als würden wir sonst erfrieren, jetzt verbrennen wir darin. Oder?
Nachdem in Deutschland wie verrückt gedämmt wurde und viele Fassaden hinter Styropor[1] verschwanden, wird inzwischen in den Medien und sozialen Medien, unter Fachleuten, Bauherren und Bewohnern das Geschrei laut, dass wir nicht mehr dämmen wollen. Eine Anti-Dämm-Welle bewegt sich durch Deutschland.

Warum haben wir so viel gedämmt?

Es ist auffallend, dass vor etwa 10 Jahren massiv angefangen wurde, Fassaden zu dämmen. Plötzlich zierten viele Gerüste die Straßen der Städte und Häuser verloren ihre Identität, indem sie hinter einer wärmenden Vollverschleierung versteckt wurden.
Dazu kam es durch die EnEV, der Energie-Einspar-Verordnung, die stetig erweitert wird und Bauherren und Planer vor immer neue Herausforderungen stellt. Ständig werden ihre Vorschriften verschärft und immer höhere Werte müssen neue und sanierte Gebäude einhalten.
Aktueller Stand ist, dass jede Fassade nach EnEV-Standard gedämmt werden muss, wenn 10% ihrer Oberfläche saniert werden. Darunter fällt das Beseitigen von Fehlstellen und das Sichern und Verfüllen von Rissen.
Ein gutes Argument Pro EnEV ist in diesem Fall natürlich, dass zu ohnehin anfallenden Kosten, „ein paar Mehrkosten“ anfallen und man damit dann die Umwelt schützt. Aber:
Dämmen kostet eine Menge Geld. Es ist nicht allein damit getan, dass die Dämmung an die Wand geklebt wird. Die Fassade muss zuerst gereinigt werden. Eventuell müssen Fliesen abgeschlagen oder mit Grundierung bearbeitet werden, bevor die Dämmung angeklebt werden kann. Fensterbänke müssen erneuert werden, weil die Wände hinterher dicker sind als die meisten Fensterbänke es vorher waren. Lampen und jegliche Elektroinstallation wie Bewegungsmelder etc. müssen durch die Dämmung nach Außen verlängert werden. Je nach Haus, muss ein Dachdeckerbetrieb den Dachüberstand nach Außen verlängern. Vordächer und andere Anbauten wie z.B. Carports müssen versetzt werden. Wenn alles um die 14-20 cm nach Außen geschoben wurde, wird ein neuer Putz nötig. Dazu dann ein neuer Anstrich, der eventuell mit einer Gestaltungssatzung abgeglichen werden muss.
Je nachdem, wie die Anbietersituation ist, müssen also mindestens 5 Gewerke beschäftigt werden. Plus Archiekt/Energieberater, der die energetischen Berechnungen durchführt, die Gewerke koordiniert und den Papierkram mit den Ämtern meistern muss.

Was ist schlecht an Styropor?

Styropor ist ein Markenname, der inzwischen so umgangssprachlich verwendet wird wie Tempo, Zewa oder Cola. Gemeint ist ein Polystyrol-Dämmstoff, der üblicherweise in Plattenform verkauft wird.
Auf den ersten Blick scheint Styropor ja einen ganz positiven Eindruck zu machen. Es ist leicht zu verarbeiten, dämmt, ist mit rund 5-15€ pro Platte recht günstig und man bekommt es überall.

ungesicherte Entsorgungsvorgänge

Allerdings ist dieses Dämmmaterial aus Erdöl gemacht und man weiss nicht, was man später damit machen soll. Es ist Sondermüll. Das Fraunhofer Institut forscht zwar, wie man es von restlichen Baustoffen wie Putz und Kleber lösen kann, aber bisher erst in kleinem Umfang. Bis zur großen nächsten Sanierungswelle ist aber auch noch ein bisschen Zeit.

Brandverhalten

Die Polystyroldämmung beinhaltet ein Brandschutzmittel, das dafür sorgt, dass die Dämmstoffplatte nicht in Flammen aufgeht. Statt dessen schwindet sie zurück. Dabei schmilzt das Material weg, tropft nach unten… und brennt eben dann. Das verflüssigte Polystyrol brennt nämlich gar nicht mal so schlecht. Es ist ja immerhin aus Erdöl.
Da das Polystyrol bei großer Hitze zurück weicht, wird dieser Umstand auch genutzt um es mit einem heißen Draht ganz einfach zu ‚zerschneiden‘. Dummerweise weicht es aber auch im Brandfall zurück.
Bei der Anwendung an der Fassade wird die Dämmung zwar durch die Putzschicht geschützt, doch auch diese gibt relativ schnell nach, wenn sie direktem Feuer (zB brennende Kinderwagen oder Mülltonnen) ausgesetzt ist. Schon bevor die Putzschicht nachgibt, schmilzt der Dämmstoff in seiner Putz-Hülle und ergießt sich dann in einem Schwall in die Flammen. Dadurch wird das Feuer weiter genährt und die Hitze dringt in den Zwischenraum zwischen Wand und Putz ein.
Es entsteht ein Kreislauf, wenn die Hitze das Material schmilzt. Es tropft nach unten in die Flammen, diese werden größer, schmelzen mehr, bekommen mehr neue Nahrung. Das ist der Grund, warum Fassadenbrände mit diesen erdölbasierten Dämmstoffen so schnell wachsen.

Toxisch für Flora und Fauna

Ob es Plastiktüten in Vögelmägen oder Verpackungen in Fischgedärmen sind… Erdöl und seine Erzeugnisse können von uns nicht abgebaut werden.
Wenn Vögel ihre Nester in wärmegedämmte Fassaden versenken, wo ist dann das Material hin? Wenn die Vögel das heraus gepickte Material gefressen haben, dann wird es (zumindest ein Teil) vermutlich in ihren Innereien bleiben.
Das Brandschutzmittel Hexabromcyclododecan (HBCD) kann ausgewaschen werden und somit ins Grundwasser gelangen. Natürlich wird das Auswaschen durch die Putzschicht eingeschränkt, aber man sollte diesen Aspekt nicht vernachlässigen. Es geht dabei um das Prinzip des umweltschädlichen Potenzials.
Es soll auch schädlich für Säuglinge sein, die es über Muttermilch aufnehmen können, und die Fruchtbarkeit beeinflussen. Laut „Der Spiegel„* wurde es auch schon im menschlichen Blut gefunden.
HBCD wird bei Produktion, Einbau und Abriss freigesetzt und eben auch dann, wenn es noch an der Fassade klebt.

Und alles brennt wie Zunder…

Bemerkenswert ist der Umstand, dass es die deutsche Dämmstofflobby geschafft hat, dass die „Styropordämmung“ nicht als brennbar deklariert wurde. Schwer entflammbar heißt es in Deutschland. EU-weit aber weiterhin: brennbar.
Es mag ja stimmen, dass die Dämmstoffplatte an sich schwer entflammbar ist, aber das Schmelzprodukt, das jeder Architekturstudent schon in rauhen Mengen selbst als Nebenprodukt beim Modellbau produziert hat, ist sehr wohl für jede Flamme ein gefundenes Fresschen.
Betrachtet man aber deutschlandweit die jährlichen Brände, kommt man (laut Sto) auf 186000. Bei nur 18 davon sei die Fassadendämmung beteiligt gewesen.
Auch zu hinterfragen ist bei der ständigen Angst um das Brandrisiko, wie es mit Dachstühlen oder Schilfdächern aussieht. Man nimmt bei einem Dachstuhl aus Holz hin, dass er brennen kann. Genauso sieht es aus mit Dächern, die mit Schilf gedeckt sind. Bis zum 2. Weltkrieg gab es sogar landläufig noch oftmal offenes Feuer in den Küchen, da ein Ofen mit Schornstein zu teuer war. – Es ist Abwägungssache, wieviel Geld man in die Hand nimmt, ob man die Kosten scheut oder ob man sich dem Brandrisiko einzelner Materialien stellt.

EnEV, das Öko-Paradoxon

Dank Angela Merkel sollte Deutschland die Vorreiterrolle beim Umweltschutz übernehmen. Die Ziele sind hoch gesteckt. Häuser sollen kaum bis keine Energie mehr verschleudern und klimaneutral sein. Klimaneutral heißt, dass sie keine Auswirkungen auf die klimatische Entwicklung mehr haben.
Schlecht gedämmte Häuser verpulvern Geld und kostbare Energie – soweit richtig.
Dafür allerdings höchst bedenkliche Materialien in rekordverdächtigen Mengen zu produzieren und zu verbauen, ohne dabei zu wissen, wie man sie später mal recyceln oder entsorgen kann, ist dabei aber durchaus als grenzwertig einzustufen.
Ketzer könnten sich an Atomkraftwerke erinnert fühlen.

Welche Alternativen gibt es?

Glücklicherweise schreibt die EnEV nicht vor, welche Materialien zu verwenden, sondern welche Grenzwerte einzuhalten sind.
So kann man sich also anderer Dämmstoffe bedienen.
>> Nicht brennbare Dämmstoffe.
Bei Brandwänden und öffentlichen Gebäuden wird es gemacht und ist sogar verpflichtend: Die Verwendung nichtbrennbarer Dämmstoffe.
Das können beispielsweise Mineralwolle, Steinwolle oder Schaumglas sein. Die Namen machen schon deutlich, dass hier wenig Brandpotenzial herrscht.
Schaumglas ist sogar druckbeständig und kann unter Fundamenten und Bodenplatten eingesetzt werden. Zwar sind dort wieder Bitumen bei der Verlegung im Einsatz, aber Schaumglas an sich ist bisher noch nicht negativ aufgefallen.
(Belehrt mich bitte eines Besseren, wenn ich mich irre!)
Neben der Nicht-Brennbarkeit kann man diese Dämmstoffe sogar wiederverwerten und damit dem Markt erneut zuführen.

Warum werden diese Alternativen nicht benutzt?

Leider spielen die Kosten beim Sanieren eine große Rolle. Da manch ein Bauherr nur ein paar Reparaturen machen wollte und sich ‚unversehens‘ der Sanierungsverpflichtung gegenübersieht, ist das Geld oft sehr knapp. Der Unwille ist außerdem groß, denn man ‚wollte doch gar nichts Großes machen‘, nun wird man aber dazu gezwungen… Der störrische und bockige Bauherr will also so günstig seiner Verpflichtung nachkommen, wie es nur geht.
Die KfW schüttet zwar Förderungen an dämmende Bauherren aus, allerdings sind die nicht abhängig vom ökologischen Fußabdruck der verwendeten Materialien.
Da die Förderung stur berechnet wird und weniger-kritische Dämmmaterialien teurer sind, ist der positive Effekt der Geldspritze bei günstigen Stoffen natürlich viel größer.
Ein explizites zusätzliches Förderprogramm für nachhaltige Baustoffe gibt es leider momentan nicht. Es könnte ein Anreiz sein, diese zu verwenden. Und wenn es kein richtiger Anreiz wäre, würde es immerhin umweltliebende Bauherren finanziell mehr unterstützen statt ihnen ein Bein zu stellen. Nur weil man Umwelt liebt und sie schützen will, hat man ja immer noch keinen Goldesel zu Haus.

Aber dann schimmelt doch alles!

Wer sein Haus rundherum dämmt, spart dann wirklich energie. Rein der Physik geschuldet, kommt die warme Luft eben einfach nicht mehr durch jede Öffnung heraus. Damit die Häuser warm bleiben, sollen sie luftdicht werden.
Die Luftdichtheit allein sorgt schon für Diskussionen. Früher gab es eine Zwangslüftung durch nicht ganz dicht schließende Fenster, Dächer und Türen. Heute sind diese Lüftungslöcher dicht und so sammelt sich auch die Feuchtigkeit, die der Mensch so produziert, im Haus. Um die Feuchtigkeit abzuführen, muss man nun bewusst lüften. Dazu verwendet man entweder neu bemessene Lüftungsanlagen oder man öffnet das Fenster.
Die Bewohner müssen in mäßigem Umfang ein neues Benutzerverhalten lernen. Der Irrglaube von atmenden Wänden hält sich hartnäckig. Auch wenn Wände ohne Dämmung früher diffusionsoffener waren, haben sie dennoch nie ‚geatmet‘. Sie haben nie so viel Luft diffundieren lassen, dass es gereicht hätte. Auch früher hat man schon gelüftet, wenn es stickig im Haus geworden ist. Jetzt lüftet man eben minimal mehr oder bedient sich einer feuchtegeführten Lüftungsanlage. Eine ‚feuchtegeführte Lüftungsanlage‘ misst die Luftfeuchtigkeit im Raum und tauscht dann die Luft, wenn ein Grenzwert erreicht ist. Diese Lüftungsanlagen sind vor allem in Küchen und Bädern sinnvoll. Dort entsteht die meiste Feuchtigkeit und durch eine Lüftungsanlage wird die Luft auch ausgetauscht, wenn man beispielsweise das Haus verlässt und das Fenster nicht offen lassen will.

Fazit

Ich bin definitiv pro Dämmung, da vor allem alte Häuser definitiv zu viel Energie in den Aether schicken und damit die Umwelt belasten. Gleichzeitig bin ich aber genauso definitiv gegen erdölbasierte Dämmstoffe, genauso wie ich auch gegen fossile Brennstoffe bin.
Mein Wunsch wäre, wenn Banken wie die KfW bei ihren Zuschüssen und Krediten ein Auge darauf legen würden, wiederverwendbare und ungiftige Dämmstoffe in größerem Maße zu fördern als die oben beschriebenen. In Österreich beispielsweise wird Hanfdämmung teilweise gefördert.
Allerdings ist bei jeder Baumaßnahme separat zu prüfen, ob und in wieweit eine energetische Ertüchtigung Sinn macht. Muss die Fassade eingepackt werden? Man muss sich immer fragen, ob die Materialien und Methoden miteinander harmonisieren, oder ob man siche eine Schimmel-Brutstätte baut. Vielleicht ist nach einer Neuanschaffung eines Brennwertkessels vor 2 Jahren eine Dämmung ja kaum noch lukrativ? Das gilt es zunächst zu klären, bevor man pauschalisiert und urteilt, denn manchmal können bessere Heizkessel und Heizkörper in Kombination mit einer gedämmten obersten Geschossdecke ja schon eine große Energieeinsparung verursachen.
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Mir liegen keine Daten zum energetischen Aufwand bei der Herstellung von Schaumglas, Mineral- und Steinwolle vor. Die Relation der Energieaufwände zur Herstellung der verschiedenen Dämmstoffe ist nicht Teil dieser Betrachtung. 
 
Dieser Beitrag soll keine allumfassende Stellungnahme zum Thema Dämmung darstellen, sondern einen kleinen Einblick in die Thematik bringen und meine persönliche Meinung dazu darstellen. 
 
Die Begriffe Styropor, Styrodur, Polysterol-Dämmung und erdölbasierte Dämmstoffe sind in diesem Beitrag als eine Gruppe von Dämmstoffen zusammen gefasst, die ähnliche Materialeigenschaften haben. Gemeint ist jeweils die Materialgruppe.
[1] Markenname
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Anbei eine Linkliste, die aus Quellen und weiterführenden Inhalten zusammen gesetzt ist:
Nicht alle dieser Links spiegeln meine Meinung wieder, doch sie zeigen den allgemeinen Tenor, was Dämmen momentan in Deutschland angeht.

12 thoughts on “Wir schmieren Erdöl an die Wände! Nicht?

  1. Hallo Julia,

    ein wirklich toller und gut recherchierter Artikel. Mir gefällt die kritische Sichtweise, mit der du an das Thema herangehst. Bin schon auf deine nächsten Texte gespannt. :)

    Liebe Grüße,
    Alex

    1. Hey Alex,

      freut mich, dass dir der Artikel gefällt. Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich diesen Text schreiben soll und nochmal so lange, ob ich ihn veröffentliche. Über dieses Thema zu reden, ist ein bisschen so, wie über Politik oder Religion zu reden. Die Fronten sind da ziemlich verhärtet und Diskussion scheint da beinahe sinnlos, aber ich hab noch Hoffnung auf eine grünere Welt ; )

  2. Sollte man EPS-Dämmungen verteufeln?

    Hi Julia. Styropor ist eben günstig herzustellen und dämmt gut. Es wird vielerorts verwendet und spart damit in Deutschland viel Energie ein. Gleich vorab, mir persönlich sind ökologische Dämmstoffe auch sympathischer als EPS, aber am Ende muss man gucken womit man am meisten erreicht.

    Hier ist die Frage zu stellen, was ist ein „ökologischer Dämmstoff“ überhaupt? Das ist ja schon diskutierbar. Achtet man dabei auf das „umweltschädliche Potenzial“ oder müssen es „unbehandelte Ressourcen“ (wie z.B. bei Seegrasdämmungen) sein oder zählt am Ende nur die „Höhe der Energieeinsparung“? Am sinnvollsten wäre es sicher möglichst viele Kriterien zu beachten. Das ist jedoch sehr schwierig (fehlende Transparenz) und wird durch die persönliche Gewichtung der einzelnen Kriterien (jedem ist etwas anderes wichtig) sehr individuell.

    Deine hier verwendeten Zwischenüberschriften sprechen ja für sich, du bist definitiv gegen Styropor-Dämmungen. Aber hier mal eine Überlegung:

    Nimmt man als Gesellschaft 1 Milliarde Euro, um etwa 50.000 Gebäude mit EPS zu dämmen oder lieber das gleiche Geld um lediglich 30.000 Gebäude „ökologisch nachhaltig“ mit z.B. Hanf zu dämmen?
    Die Frage ist dann, was bringt der Umwelt mehr? Ich sage, lieber mit EPS Dämmen, als gar nicht.

    Die Bedenken, wie etwa das Brandverhalten entkräftest du ja selbst: 186.000 Brände, bei 18 sei eine Fassadendämmung beteiligt. Wie stark die brennbaren Fenstervorhänge an Bränden beteiligt sind hinterfragt niemand.
    Toxisch für Flora und Fauna?Nahezu jedes Lebensmittel vom Apfel bis zum Mineralwasser hatte direkten Kontakt mit Plastik und wir ESSEN es. Eine Styropordämmung ist hinter der Wand verbaut und verputzt. HBCD wird von den meistern Herstellern schon gar nicht mehr verwendet.

    Energetisch amortisiert sich EPS genauso schnell wie zum Beispiel Mineralwolle, bei deren Herstellung genauso viel Energie benötigt wird.

    Mein Fazit: Ich begrüße jeden der lieber mit ökologischen Dämmstoffen (mit einem geringen umweltschädlichen Potential) dämmt, aber das muss eben bezahlt werden.
    Es wäre schön, wenn dies den Menschen das Geld wert wäre (und sie das Geld auch haben). Im aktuellen Stand, sage ich lieber mit EPS viel Dämmen und viel Energie einsparen, als wegen hohen Kosten weniger zu dämmen.

    Viele Grüße, Stephan Günther

    1. Hallo Stephan,
      vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar.
      Natürlich ist eine Dämmung besser als keine Dämmung, aber andererseits finde ich, sollte man nicht glauben, damit nachhaltig der Umwelt etwas Gutes getan zu haben. Klar, man kann EPS wieder auflösen und irgendwie entsorgen, aber es ist dennoch ein unnatürlicher Dämmstoff und der Hype pro Plastik ist inzwischen ja auch wieder abgeebbt. Allerorts wird wieder Holz etc. verwendet. Was ich persönlich befürworte, außer man will es nur verheizen.

      Dass andere Produkte wie Apfel und Mineralwasser auch keine ökologischen Engel sind, bedeutet andererseits aber auch nicht, dass man das befürworten muss. Ich selbst bin ein Fan von wenig Verpackung, wo es eben geht. Ein Beispiel dafür ist ja auch der Berliner Laden Original Unverpackt. Auch Ketten wie E*eka haben beispielsweise in Kaiserslautern (ob es anderswo auch so ist, weiß ich nicht) die Möglichkeit angeboten, Eier einzeln und ohne Karton zu kaufen. Einfach einen wiederverwertbaren Karton neben und sich freuen. Allerdings freut man sich in Kaiserslautern über eine Sache nicht: Die Eier sind aus Bodenhaltung (nicht Freiland…) und kosten pro Stück auch noch viel Mehr als ein Bio-Ei. – Wo ist da der Sinn? Wer also wirklich nachhaltig denkt, wird dieses Ei dann doch nicht kaufen. Der Aufpreis mag berechtigt sein, wenn es sich um Bio-Eier handeln würde, aber so…

      Aber zurück zum Thema. Ich sage eigentlich eher: Lieber Fenster erneuern und oberste Geschossdecke dämmen, dafür vernünftig und nachhaltig, als das ganze Haus in EPS zu wickeln.

      Du hast Recht, HBCD soll nicht mehr bei der Herstellung verwendet werden. Es wird aber dennoch weiterhin verbaut. Denn genauso, wie es auch bei Asbest war, so wird es auch bei HBCD sein: Verarbeitende Betriebe haben Restbestände, Händler haben Restbestände… Die werden sich leider nicht direkt in Luft auflösen und noch weiter in den Markt eingeführt bzw. verbaut. Mit Asbest muss auch noch bei Gebäuden zu rechnen sein, die bis 1990 gebaut oder renoviert wurden. Als Denkmalpfleger hat man da ganz schön mit zu kämpfen, denn sobald Gefahr besteht, dass Asbest vorhanden sein könnte, müssen sehr hohe Sicherheitsstandards bei der Verarbeitung eingehalten werden. Ich nehme einfach mal an, dass es mit den Restbeständen von HBCD-beinhaltenden Stoffen auch ähnlich sein wird; Sie kommen weiter in den Markt und die Auslaufzeit wird sich erst noch zeigen.

      Ich möchte gar nicht verteufeln, dass gedämmt wird, ich möchte nur dem ein oder anderen die Augen öffnen, was er oder sie sich da (evtl. unwissend) an die Wände klebt.

      Beste Grüße,
      Julia

      1. Hallo nochmal,

        ich verstehe deinen Standpunkt und du wirkst ja auch als würdest du versuchen objektiv zu berichten. Aber dieses ständige Styropor-bashing in den Medien verstehe ich nicht, wo kommt das her? Man sollte doch rational, die beste Lösung finden.

        Mein Interesse liegt ebenfalls darin, die Umwelt so wenig wie möglich zu schädigen. Und deshalb sehe ich auch in EPS-Dämmungen einen Nutzen. EPS an sich ist nicht umweltschädlich und wenn es recycelt wird, kann sogar wieder Energie daraus gewonnen werden. Und wie oben beschrieben ermöglicht es eben vielen die Gebäudedämmung. Das spart Heizkosten und damit CO2 und zwar wesentlich mehr, als für die Erzeugung des EPS nötig war. Klar, die oberste Geschossdecke zu dämmen ist mit das sinnvollste, deshalb ist aber ja auch die Fassadendämmung nicht gleich sinnlos.

        „Lieber neue Fenster“, kann man so ja auch nicht sagen. Erst mal sind diese relativ teuer, und damit gesamtgesellschaftlich betrachtet weniger umsetzbar. Zudem macht es mehr Sinn, Fenster zu modernisieren, wenn auch die Fassade gedämmt wird. Diese müssen nämlich zusammenpassen, denn Wärmeschutzfenster und keine Fassadendämmung kann zu Feuchtigkeitsproblem führen.

        Ich versuche selber ja auch so wenig Plastik wie möglich zu verwenden, habe im Rucksack immer den guten Jutebeutel, falls der Einkauf mal größer ausfällt, etc,… ;-)
        Dennoch: Alles um uns herum ist aus Plastik, die Tastatur auf der ich schreibe, der Monitor, die PET-Flaschen, etc. Der Tisch hier ist aus Holz – extrem Brandgefährlich ;-) ! Keiner regt sich auf. Aber wird Styropor zum Dämmen verwendet und fachmännisch in das Gebäude eingebracht, wittern alle die große Gefahr. Wie nennt man das? Doppel-Moral?
        Nochmal in einem Satz: Ich hätte auch lieber „ökologische Dämmstoffe“ aber unterm Strich hilft EPS-Dämmung der Umwelt, weil es sich viele Menschen leisten können.

        1. Hey Stephan,

          Danke nochmal für deinen Kommentar. Ja, ich versuche möglichst wertfrei eine Wissensbasis zu vermitteln, aber ganz ohne eigene Meinung ist das natürlich auch immer schwer.

          Der gute Jutebeutel ist bei mir auch immer mit im Gepäck, obwohl ich ansonsten auch iPhone, iPad und Co habe. Auch eine solide Doppelmoral bei mir. Schande auf mein Haupt.

          Beste Grüße,
          Julia

  3. Eine schöne Zusammenschau der vielfältigen Probleme des Dämmens. Witzig ist auch, daß der Bundesrat 2001 anläßlich seiner Zustimmung zu der ab 2002 eingeführten Energieeinsparverordnung EnEV forderte, daß die Bundesregierung bis zum 31. Dezember 2006 einen Wirkungsnachweis hinsichtlich der Energieeinsparung vorlegen sollte. Den mußte die Regierung bis heute faktisch schuldig bleiben. Warum? Weil es keinen wirklichen Wirkungsnachweis gibt. Alle praktischen Vergleiche, egal ob von GEWOS-Institut, Fraunhofer-Institut für Bauphysik oder der Eidgenössischen Materialprüfanstalt zeigten durch die Bank immer und ausschließlich, daß die fassadengedämmten Vergleichsgebäude mehr und nicht weniger Heizenergie verbrauchten, als die ungedämmten. Und alles, was dazu „nachgelegt“ wurde, waren fadenscheinigste Ausflüchte. Denn an den gemessenen Werten kam ja niemand vorbei.

    Hinzu kommt, daß das Energieeinsparungsgesetz als Ermächtigungsgrundlage der EnEV und HeizkostenVerordnung HKV die Wirtschaftlichkeit der Energiesparinvestition fordert, und zwar gemäß Vorgabe in der HKV in spätestens 10 Jahren, was auch der einschlägigen Frist gem. Rechtssprechung bis zum BGH entspricht. Und auch hier kommt es zur Fehlanzeige. Das schafft keine Energiesparinvestition bei entsprechend angesetzter Vollkostenanalyse, also auch mit HOAI-Baunebenkosten sowie Unterhaltskosten während der Lebensdauer. Insofern sind all diese unwirtschaftlichen Investitionen Gesetzesverstöße.

    Und übrigens: Wenn der Planer nicht auf die Unwirtschaftlichkeit seiner Planung hinweist und den Auftraggeber nicht zu den rechtlichen und technischen Alternativen aufklärt, verliert er im Streitfall seinen Honoraranspruch und macht sich obendrein für seine Fehlplanung schadensersatzpflichtig. Entsprechende Prozesse sind mittlerweile ins Laufen gekommen.

  4. Hallo,

    finde den Artikel wirklich interessant geschrieben. Gerade in Zeiten in denen man nicht weiß, welcher Seite man glauben soll, sind solche Beiträge sehr wichtig. Es ist auch gut, das nicht nur eine Seite beleuchtet wird, sondern auch durchaus kritisch geschrieben wird. Dann weiterhin viel Spaß und ich werde öfter mal reinschauen.

    Liebe Grüße,
    Sabine

  5. Ich hab das Posting aufmerksam gelesen, allerdings musste auch ich beim Thema Schimmel aufstoßen. Wenn man in einem Albau wohnt, sind die Wände kalt und die Dämmung ist schlecht. Zwangsläufig muss man dann Konvektionswärme, die ja eigentlich zum Wärmen des Raumes gedacht ist, durch permanentes Lüften nach Draussen ablassen. Luft erwärmen – befeuchten – wieder ablassen. Kann ja eigentlich auch keine Lösung sein. Der Dann sagen die Vermieter, dass man doch ordentlich Lüften und Heizen sollte. Irgendwie ein Wiederspruch in sich und eine klare Entziehung der Verantwortung :/

    1. Hallo Frank, vielen Dank für deinen Kommentar!
      Schimmel und Feuchtigkeit im Allgemeinen ist in der Tat ein schwieriges Thema. Die Physik legt einfach das Problem zugrunde, dass Feuchtigkeit gerne an kühlen Oberflächen kondensiert. Entweder man wärmt die Oberflächen, oder man trocknet sie permanent, oder die feuchte Luft muss anders daran gehindert werden, ihre Feuchtigkeit wieder an den Wänden abzulagern. Ich sehe es nicht als Entziehung der Verantwortung, weil ein Vermieter die Physik genau so wenig beeinflussen kann, wie der Mieter. Der Mieter kann nur eben dafür sorgen, dass die Wände nicht von innen feucht werden. Das kann der Vermieter nicht leisten, wenn er die Wohnung nicht betreten kann. Es gibt aber auch immer noch viele andere Möglichkeiten, wie Wände feucht werden können. Schäden im Material beispielsweise. Generell gilt, dass eine Wand im Idealfall so viel Feuchtigkeit aufnehmen kann, wie sie auch mindestens wieder abgeben kann.

      Wird sie zB. von außen gestrichen, ist der Anstrich nie ganz perfekt. Ist er dann aber so konzipiert, dass er Feuchtigkeit nicht durchlässt, hat man ein Problem, denn: Durch Regen findet Feuchtigkeit IMMER irgendwo einen Weg in die Wand. Risse sind völlig normal, auch wenn sie so winzig sind, dass man sie kaum sieht. Das eingedrungene Wasser verteilt sich unter der Farbschicht und kann dann (weil die Farbe ja an sich wasserdicht ist) nicht mehr raus kondensieren. Passiert sowas ein paar Jahre lang, kommt das Wasser irgendwann auch auf der anderen Seite an oder andere Schäden entstehen.

      Es bringt nichts, sich gegenseitig Schuld zuzuweisen oder hilflos die Hände über dem Kopf zusammen zu schlagen. Mieter und Vermieter müssen sich mit der Situation arrangieren und das Gebäude am Leben halten. Ein Haus ist wie ein Auto, es muss gepflegt und gut behandelt werden. Es ist nicht wartungsfrei. Kümmert man sich nicht, ist es irgendwann kaputt.

      Ich hoffe, ich konnte dir mit meinen Gedanken ein wenig weiterhelfen.
      Alles Liebe,
      Julia

  6. Hallo,

    interessanter Beitrag- ich denke auch, dass es wiedersprüchlich ist die Umwelt zu schonen indem man Materialien aus Erdöl verbaut, sie mit noch mehr Chemikalien vollpumpt und mehr Probleme verursacht als man gelöst hat. Was sagst du zu den Problemen mit den Algen an der Fassade? Oder, um die zu vermeiden, das Bestreichen von Algiziden, die dann ins Wasser gelangen? Das mit dem CO2 sparen und Klimawandel ist ja auch so eine Sache, die niemand mehr befragt oder bezweifelt. So wie es mir scheint, sind die Sommer ja kälter und nasser geworden, die Winter mit weniger Schnee, aber deswegen nicht wärmer. Vielleicht passiert der Klimawander ja in anderen Ländern und nicht in De. Ist aber auch unwichtig. Das mit dem minimal mehr Lüften von gedämmten Häusern- wie viel ist das denn? Ich denke, wenn man schon ein Haus neu baut oder ein gedämmtes kauft ist es ok, wenn es wirklich gut gemacht is, aber von nachträglich Dämmen halte ich nicht viel. Da gibt es nur Probleme- Wärmerücken am Balkon zB. -was kann man damit anfangen? Mein Keller ist zB. aus Stein- ich würde es unsinnig finden die schönen Steine von außen einzupacken, aber wenn ich sie nicht Dämme, habe ich da wieder eine Wärmebrücke, also Feuchtigkeit. Außerdem- was hälst du von Wärme speichern- zB. durch Passivhaus- Elemente in einem normalen Haus- also Südfenster, Thermische Masse, eine Trombe- Wand? Ich habe bis jetzt in einer ungedämmten Wohnung gewohnt und das Wohnzimmer auf der Südseite musste ich sehr wenig heizen, auch im Winter (und ich wohne im EG, Keller ist drunter). Auch mit Sachen, wie Kellerdämmung ist es so eine Sache- die Erdschicht ist ja im Sommer kühl und im Winter wärmer als die kalte Außenluft. Im Haus meiner Eltern ist es in den ungedämmten Räumen über dem ungedämmten Keller im Winter wärmer als im OG! Auch der Keller selbst ist im Winter eher warm. Da frage ich mich, ob man vielleicht eher anstatt sich von der Außenwelt so viel wie möglich zu isolieren (wir sind ja nicht am Nordpol), soll man vielleicht in jeder Jahrsezeit das meiste aus ihr nehmen? Im Winter die Sonne, im Sommer den Schatten von Laubbäumen, im DG die Sonnenwärme, im Keller den Schutz der Erde.. Ich habe auch gelsen, dass zB. eine natürlich Windwand, mit der man das Haus von der Nord und NO- Seite mit Tannenbäumen und immergrünen Sträuchen umringt sogar 30% Heizkosten sparen kann (wenn die Bäume und Sträuche gewachsen sind)- genauso soll Efeu im Winter und auch im Sommer was bringen- was hälst du davon?

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